Park am ehemaligen Rangierbahnhof 1

Park am ehemaligen Rangierbahnhof Neumünster

 „Ar.ran.ge.ment“

Freiraumplanerische Einbindung in den Bestand

EXTERNER BLICK

Vernetzen. Ziel der städtebaulichen Umgestaltung der Fläche als Park ist die Wiedereingliederung in das Stadtgefüge und die Übernahme von wichtigen Aufgaben, wie die Durchleitung von überregionalen nicht motorisierter Verbindungen, welche eine schnelle Verbindung zu den Holstenhallen und Hauptbahnhof einerseits darstellen, um die vorhandene Infrastruktur zu entlasten. Anderseits ist die Nahversorgung der angrenzenden bestehenden und neuen Wohngebiete, wie auch für die Mitarbeiter benachbarter Gewerbebetriebe zu gewährleisten. Um den Charakter und den ruderalen Charme zu erhalten, sowie der Geschichte Rechnung zu tragen werden verschiedenartige Verbindungen angeboten um die Anlage in Ihrer Gesamtheit erfahrbar zu machen.

INTERNER BLICK

Potenziale Erkennen. Der ehemalige Rangierbahnhof ist derzeit ein gefangener Raum zwischen Bahngleisen, Gewerbeanlagen und Infrastrukturen. Auf den ersten Blick erscheint die Fläche als ein vergessener Ort. Reste der ehemaligen Nutzung als Rangierbahnhof und der Zeit als Brachfläche prägen das Erscheinungsbild. Allerdings bietet die großzügige Anlage eine Vielzahl an Potenzialen, welche mit Bedacht und in Abwägung der zukünftig en Nutzer und Betreiber weiterentwickelt werden sollten. Jeder Teilbereich (Lokschuppen, vorhandene Gebäudestrukturen, Kleingarten, offene ruderale Landschaft, sukzessive Baumgruppen) birgt sein eigenes Potenzial und wird als Grundgerüst in die Überlegungen für die weitere Gestaltung einbezogen.

Erläuterungen des Entwurfskonzepts

ZONEN

Intensiv grün. Extensiv Befestigt. Die Intensive Begrünung im Westen nimmt in Richtung Bahntrasse ab und öffnet den Park für den weiten Blick auf die industrielle Szenerie, verschiedene Typen von Vegetationsformen und die Rauheit des Nordens. Intensive Nutzungen finden im Halbschatten zwischen Wald und Wiese statt und rund um den kulturellen Drehpunkt Lokschuppen. Dort befindet sich auch eine temporärere Stellplatz, Markt- bzw. Festivalfläche. In Richtung der Bahntrasse werden die Nutzungen extensiver und der Fokus richtet sich auf die Entwicklung von Biotopen und der Offenhaltung der Landschaft für Frisch- und Kaltluftentstehung. Im südlichen Teil befindet sich ein familienorientierter Bereich im Übergang zur Kleingartenanlage. Hier sind Spielplätze, Treffpunkte und Bestandsgebäude die Potenziale für Nachnutzungen bereithalten.

MATERIALKREISLAUF

Bewerten. Entscheiden. Überlagern. Erhalten. In Zeiten steigender Entsorgungskosten, Materialengpässen und den damit einhergehenden Verzögerungen, versucht dieser Park einen anderen Weg in seiner Neugestaltung zu gehen. Aus einer ruderalen Bahnbrache wird ein Park entwickelt, der die Geschichte des Orts und Kreislaufwirtschaft als Kernstück seines Konzepts definiert und zudem als innerstädtisches wie auch regionales Bindeglied zwischen Naturräumen, Stadt und Peripherie liegt. Nach intensiver Bewertung der vorhandenen Strukturen aus Vegetation, Befestigung, Relikten der Bahnanlagen, sowie der Gebäudestruktur werden Entscheidungen zum Verbleib oder zum Abriss gefällt. Teilflächen bleiben im Gelände erhalten, andere werden zugunsten der zu etablierenden Grün- und Freizeitstrukturen entfernt. Das anfallende Material wird in die Neugestaltung einbezogen.

WEGE- UND NUTZUNGSKONZEPT

Leiten. Lenken. Überraschen. Die Motivation der Wegeführung bedingt sich einerseits aus überregionalen zu erreichenden Zielen, anderseits dem Erhalt bestehender Befestigungen. Somit erhalten die Wege unterschiedliche Charaktere, mäandrierend entdeckend und linear verbindend. Die lineare Verbindung folgt der Grenze zwischen den Flächen des Lokschuppens und dem zukünftigen Park und bildet die zukünftige Messeachse. Dabei werden querende Wegoptionen zur Entdeckung des Parkes angeboten und laden auch den eilenden Reisenden zum Verweilen ein. Im Gegensatz dazu verleitet der mäandrierende Weg den Besucher dazu ein zu verweilen, zu entdecken und zu beobachten. Durch eine Mixtur aus neuen und alten Wegebelägen, angrenzenden Sportnutzungen und verschiedenen Vegetationsstrukturen wird der Nutzende Zeuge von einem Nebeneinander der Geschichte des Ortes und arrangierten Freizeitnutzungen. Darüber hinaus wird eine Multicodierung von Flächen ermöglicht, sowie optionale zu ergänzende Wegeverbindungen angeboten, welche je nach zukünftiger Entwicklung integriert werden können.

GRÜNE INITIIERUNG

Durch die geplante Vegetationsstruktur wird der Park in zwei charakterstarke Bereiche gegliedert. Der östliche Teil des Parks wird als große Freifläche erhalten. Die prägende Weite und Offenheit des Geländes wird bewahrt. Als deutlicher Kontrast wird der westliche Bereich des Geländes zu einer Art Ruderalwald entwickelt. In der ersten Phase der Parkneugestaltung werden auf dieser Fläche Gehölze unterschiedlicher Qualität gepflanzt. Diese fungieren als Initialpflanzen, wodurch ein natürlicher Prozess der Sukzession in Gang gebracht werden soll. Der Natur wird damit die Zeit gegeben, sich auf natürliche Weise zu entwickeln. Der wilde Charm der Flächen bleibt somit erhalten.

KLIMA

Große industrielle Flächen wie Bahnanlagen übernehmen in Städten häufig ungeplant wichtige aufgaben für die Kühlung durch Frischluftschneisen. Auf Grund der immer häufiger auftretenden Extremhitzeereignisse gilt es deshalb diese Frischluftschneisen zu waren und auszubauen. Die entwufsbedingte Positionierung der Baumpflanzungen entlang der Industriegebäude im Westen stellt keine beeinträchtigung der existierenden Frischluftscheisen dar. Stattdessen ist davon auszugehen, dass die Waldstruktur die Umgebungstemperatur senken wird und selbst einen kühlenden Effekt haben wird.

BLAUER PARK

Um die Grundwasserreservoire zu schonen und zu stärken werden die großen Dachflächen des Lokschuppens, sowie perspektivisch die Dachflächen der Industriegebäude an ein Regenwasserrückhaltebecken mit Speichern angeschlossen. Die Herausforderungen des Klimawandels machen Wasser selbst in regenreichen Regionen perspektivisch zu einem kostbaren und knappen Gut. Starkregenereignisse überfordern schnell Kanallisationsanlagen und erzeugen große Kosten durch Schäden. Große vegetative Flächen können Starkregenereignisse puffern und daran angeschlossene technische Anlagen bieten die Chance Wasser für die Bewässerung von Grünanlagen zu speichern.

Materialität

Lokal. Ruderal. Arrangiert.Ein Nebeneinander von bestehenden befestigten Flächen aus Beton und Asphalt, wechselt sich mit einem weichen Belag (Wassergebundene Wegedecke rötlich) im Bereich des Zugangs Kleingarten bis zur nördlichen Grenze am KLV Terminal ab. Die schnelle Radwegverbindung  wird aus Recycelten Asphaltgranulat hergestellt. Die Sport- und Freizeitangebote erhalten den Normen entsprechende stoßdämpfende Beläge und werden durch Intarsien von vor Ort gewonnener Betonflächen umschlossen. Der Gebäudenahbereich wird durch bestehende versiegelte Flächen geprägt und durch Beton ergänzt. Die Vegetationsstruktur ist eine Mixtur aus Ruderalwald, typischen Kleingartengewächsen, intensiver Rasenflächen, Feuchtwiesen bis hin zum Trockenrasen entlang der Bahntrassen und im Bereich des temporären Park-, Markt-, und Festivalplatzes.

Gestaltungselemente

Robust.Sitzbänke und sonstige Möbel sind aus unverwüstlichen Beton oder Metallelementen gefertigt und gliedern sich in die raue, industrielle Gesamtgestaltung ein und bilden gleichzeitig eine bewusst modernen Akzent. Die zukünftigen Nutzer- und Anwohner:innen werden in die Gestaltung der Objekte einbezogen. In enger Abstimmung mit der Stadtverwaltung und weiterer Trägern entsteht so eine identitätsstiftende und dem Ort angepasste Möblierung. Skulpturale Kunst besetzt bewusst gesetzte Leerstellen im Park und aktiviert Orte ohne diese dauerhaft zu programmieren. So bleiben andere Nachnutzungen möglich und Orte können durch Nutzer:innen individuell angeeignet werden. Der Park entwickelt sich somit nicht nur vegetativ sondern auch von seinen Nutzungen her.

Auslober:in
Stadt Neumünster
Wettbewerbsart
Freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb
Bearbeitungszeit
2023